TSG-Meistertrainer Vincent Wagner: "Schnell erwachsen geworden"
Ex-Profi Vincent Wagner hat als Trainer mit der TSG Hoffenheim II den Gewinn der Meisterschaft in der Regionalliga Südwest und den Aufstieg in die 3. Liga vorzeitig perfekt gemacht. Nach zuvor zwei dritten Plätzen erreichte die erfolgreiche Amtszeit des 39-Jährigen im Kraichgau ihren vorläufigen Höhepunkt. Vor/Nach dem Spiel der Woche am Freitagabend ab 19 Uhr gegen den FC 08 Homburg wird die Mannschaft als Meister geehrt.
Trainer Vincent Wagner, der aktuell am 71. Lehrgang des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zur Pro Lizenz (früher "Fußball-Lehrer") teilnimmt, spricht im aktuellen Regionalliga Südwest-Interview über Schlüsselmomente, eine besondere "Pressekonferenz", seine sportlichen Höhepunkte und persönlichen Ziele.
Hallo Herr Wagner! Am Freitag wird Ihr Team im Rahmen des Heimspiels gegen den FC 08 Homburg als neuer Meister der Regionalliga Südwest geehrt. Wie sehr haben Sie daran geglaubt und diesen Moment herbeigesehnt?
Vincent Wagner: Geglaubt habe ich schon daran, aber herbeigesehnt habe ich die Meisterschaft nicht. Priorität hat bei uns als U 23-Team die Ausbildung und Entwicklung der einzelnen Spieler. Aber dieses Team ist so schnell erwachsen geworden und so talentiert, dass sich der Erfolg seinen Weg gebahnt hat. Gemäß dem Motto, aller guten Dinge sind drei, das auch auf unseren Aufstiegs-T-Shirts stand, haben wir nach zuletzt zwei dritten Plätzen jetzt den Titel geholt.
In Ihrem 100. Ligaspiel als TSG-Trainer gegen den FC 08 Homburg könnte der Vereinsrekord von neun Siegen in Folge eingestellt werden. Wie sehr spornt das nach dem bereits perfekten Aufstieg noch an?
Wagner: In meinem ersten Jahr bei der TSG lief die Vorrunde nicht optimal und mein damaliger Videoanalyst und ich hatten überlegt, was wir verändern können. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir unsere Fußball-Philosophie beibehalten und das Ziel verfolgen, zehnmal in Folge zu gewinnen. In der Rückrunde hatten wir dann neunmal in Folge gewonnen, das zehnte Spiel knapp verloren. Jetzt stehen wir wieder bei acht Siegen und haben die Möglichkeit, mit unserer mutigen Art des Fußballs dieses Ziel noch in dieser Saison zu erreichen.
Von insgesamt 99 Spielen haben Sie mit Ihrem Team 60 Partien gewonnen und könnten mit einem Sieg am Freitag auch auf runde 200 Punkte kommen. Was bedeuten Ihnen solche Zahlen und Statistiken?
Wagner: Es ist definitiv ein Indikator, dass wir als gesamtes Team gut gearbeitet haben.
Was ist gegen den FCH gefordert, um mit einem Dreier auf einen Zwei-Punkte-Schnitt zu kommen?
Wagner: Der FC 08 Homburg hat unter Trainer Roland Seitz eine gute Entwicklung genommen. Auf uns wartet eine anspruchsvolle Aufgabe, die wir lösen wollen. Wir haben die Partie eigens vorverlegt, weil der FCH am kommenden Dienstag gegen den Drittligisten 1. FC Saarbrücken das Halbfinale im Verbandspokal vor der Brust hat und so mehr Zeit zur Regeneration bekommt. Diesem Anliegen haben wir gerne zugestimmt.
Zu Beginn des Kalenderjahres musste Ihr Team ein kurzzeitiges Tief durchmachen, gab innerhalb weniger Tage den Vorsprung an der Tabellenspitze aus der Hand. Wie sind Sie mit dieser Situation umgegangen?
Wagner: Auch in dieser Saison hatten wir wieder einen großen personellen Umbruch vollzogen, sind aber besser aus den Startlöchern gekommen als in den beiden Jahren davor. Während der Winterpause hatte sich das Gesicht des Kaders durch weitere Transfers noch einmal leicht verändert. Hinzu kam, dass einige Spieler bei den Profis waren und wir nicht mehr die Trainingsqualität hatten. Entsprechend sank dann auch die Leistung in den Spielen. In einer ganz starken Regionalliga Südwest blieben unter diesen Bedingungen die Ergebnisse aus. Wir sind aber bei uns geblieben, haben uns sortiert und dann wieder eine Serie von acht Siegen in Folge hingelegt.
Eine von Ihnen fingierte "Pressekonferenz" haben Sie als Wendepunkt bezeichnet. Wie kam es dazu und was ist dort passiert?
Wagner: Nach einigen Rückschlägen hatten wir viele Baustellen, über die wir sprechen wollten. Die Profis waren nicht da. Also sind wir einfach in den PK-Raum gegangen, haben drei Jungs auf das Podium gesetzt. Unser Co-Trainer hatte den Pressesprecher gegeben und unsere Spieler wurden in vier Gruppen aufgeteilt, stellten bohrende Fragen und spielten die Rolle der Journalisten. In den kommenden Minuten redeten sich die Spieler alles von der Seele. Alles kam auf den Tisch und am Ende des Tages war es eine coole Veranstaltung. Die Kernaussage war: Wir müssen unseren Job erledigen, was wir dann auch getan haben.
Durch den Aufstieg in die 3. Liga rücken Ihre Spieler jetzt noch näher an den Profikader heran. Welche Vorteile bringt das mit sich?
Wagner: Regelmäßig Spiele vor 20.000 oder sogar mehr Zuschauern zu bestreiten und sich an den Männerfußball zu gewöhnen, ist nicht ganz so einfach. Auf unsere jungen Spieler wartet eine enorme Herausforderung.
Wie groß ist bei Ihnen bereits die Vorfreude auf die kommende Saison mit Partien bei Alemannia Aachen, beim TSV 1860 München oder bei Ihren Ex-Vereinen MSV Duisburg und Rot-Weiss Essen zu spüren?
Wagner: Bei uns im Team wird niemand dabei sein, der Drittliga-Erfahrung vorweisen kann. Von daher freuen wir uns alle auf diese Spiele. Sollte für uns an der Essener Hafenstraße zumindest ein Unentschieden herausspringen, dann würde ich mich auch freuen, wenn ich mal wieder den RWE-Torjingle zu hören bekomme.
Die TSG Hoffenheim II gehört zu den besten U 23-Teams in Deutschland. In welchen Bereichen sind Sie und Ihr Team besonders gefordert, damit das auch nach der nächsten Saison 2025/2026 so bleibt?
Wagner: Wir verfolgen eine sehr aktive Spielidee, gehen mit kontrolliertem Risiko in jedes Match. Auch wenn der Geräuschpegel hoch sein wird, müssen die Jungs auf dem Platz ruhig bleiben und sollen die Spiele genießen. Das wird die größte Herausforderung.
Mit Borussia Dortmund, dem VfB Stuttgart und Hannover 96 kämpfen aktuell alle drei Zweitvertretungen in der 3. Liga um den Klassenverbleib. Warum tun sich zweite Mannschaften dort so schwer?
Wagner: Als gestandener Drittligist hast du gegenüber einer U 23-Mannschaft nur wenig Nachteile. Von manchen Gehältern einzelner Drittliga-Spieler kann ein Großteil unserer Jungs nur träumen. Dennoch finde ich es gut so, wie es ist, dass beispielsweise U 23-Teams bei der Verteilung der Fernsehgelder außen vor sind.
Aktuell absolvieren Sie den 71. DFB-Lehrgang zur Pro Lizenz. Wie fallen Ihre Eindrücke aus und wie verstehen Sie sich mit den weiteren Teilnehmern?
Wagner: Wir haben bereits Halbzeit. Der Austausch mit den anderen Teilnehmern ist intensiv und gut. Die Lerngruppe ist in ihrer Zusammensetzung spannend, wir verstehen uns untereinander gut. Es ist ein abwechslungsreicher Lehrgang, der sehr viel Freude bereitet.
Wie sehen grundsätzlich Ihre persönlichen Ziele aus und wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Wagner: Mein Karriereplan besteht darin, jeden Tag mit möglichst viel Euphorie zur Arbeit zu kommen, Spaß zu haben und unsere Talente noch näher an den Profikader heranzuführen.
Autor: Peter Haidinger/MSPW
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